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Ungleiche Verteilung von Gebäudedaten auf OpenStreetMap

HeiGIT-Forscher veröffentlichen in “Nature Communications” einen Artikel zur weltweit ungleichen Verteilung von OpenStreetMap-Daten, die Auswirkungen auf Forschung und humanitäre Einsätze hat.

Immer mehr Menschen wohnen weltweit in Städten. Besonders in Ländern mit niedrigem Einkommen hat sich die städtische Bevölkerung seit 2001 stark vergrößert. Ein Trend, der Expertinnen und Experten zufolge wohl auch die nächsten Jahrzehnte andauern wird. Dennoch sind offizielle Daten zu Gebäuden oft schwer zugänglich, unvollständig, oder liegen in nicht standardisierten Datenformaten vor. OpenStreetMap trägt als frei nutzbare, kollaborative Geodatenbank dazu bei, diese Lücken zu schließen: Forschende, Hilfsorganisationen und Policy-Akteure wie beispielsweise Médecins Sans Frontières und UN Habitat verlassen sich auf diese Daten. Was sie jedoch häufig nicht berücksichtigen: OpenStreetMap (OSM)-Daten sind ungleich verteilt. Das kann die Repräsentativität der Forschung beeinflussen und dazu führen, dass ganze Regionen aufgrund von Datenlücken übersehen werden.

Mit Hilfe des ohsome-Framework des HeiGIT, das eine Analyse historischer OSM-Daten erlaubt, haben Herfort und seine Kollegen Datenmaterial aus über 15 Jahren dahingehend untersucht, wie vollständig die Gebäudedaten auf OpenStreetMap für rund 13000 städtische Gebiete sind. Dafür haben sie zunächst errechnet, welche Teile der Erdoberfläche mit wie vielen Gebäuden bedeckt sind: Insbesondere Regionen in Ost- und Südostasien stechen hier mit dichter Bebauung hervor. Anschließend haben sie diese Ergebnisse mit den Gebäudedaten auf OpenStreetMap verglichen – und festgestellt, dass ausgerechnet für diese Regionen vergleichsweise wenige Daten vorliegen.

Insbesondere für solche Gebiete mit mittlerem und hohem Human Development Index (HDI) sind deutlich weniger Gebäude in OSM verzeichnet als tatsächlich vorhanden, insbesondere für Regionen in Indien, China, Indonesien und Lateinamerika. Der HDI gibt auf Basis von Bruttonationaleinkommen, Lebenserwartung und Schulbesuch den Wohlstand von Ländern wieder. In Regionen mit niedrigem Index hingegen, beispielsweise auf dem afrikanischen Kontinent, sind Städte etwas besser erfasst. Das liegt vor allem an dem starken Einfluss von humanitären Mapping-Aktionen: Etwa 10 % aller globalen Gebäudedaten im städtischen Raum stammen von solchen Aktionen, im Sub-Saharischen Afrika sind es sogar über 50 %.

Diese Vollständigkeitsanalysen, also die Vergleiche zwischen tatsächlicher und auf OSM erfasster Bebauung, können über den ohsome History Explorer (ohsome HEX) des HeiGIT für 13.189 urbane Regionen auf der ganzen Welt abgerufen werden. Diese Informationen können Forschenden und Einsatzkräften aus der humanitären Praxis helfen, die OpenStreetMap-Daten besser zu verstehen und einzuordnen. Zum Beispiel geben sie Aufschluss darüber, welche Regionen in globalen Studien aufgrund von Datenlücken besser aus Analysen ausgeklammert werden sollten. In solchen Fällen können Forschende als Ersatz für diese Daten die von Herfort und Kollegen geschätzten Gebäudedaten als Annäherung verwenden. Die Ergebnisse können auch als Daten und Entscheidungsgrundlage dienen, wo mehr Daten erhoben werden müssen oder wo Mapping-Aktionen bereits für eine verlässliche Datengrundlage gesorgt haben.

Benjamin Herfort ist es wichtig, die Erkenntnisse und Daten dazu zu nutzen, das Potenzial lokaler Communities zu stärken: „Unsere Ergebnisse zeigen, in welchen Städten und Regionen außerhalb Europas es lokale OSM-Communities geschafft haben, eine sehr detaillierte und vollständige OSM-Karte zu erstellen. Gleichzeitig sehen wir aber viele andere Städte mit ähnlichen sozio-ökonomischen Eigenschaften, die bisher noch nicht im selben Umfang kartiert wurden.” Gemeinsam solle man nun von erfolgreichen Mapping-Projekten lernen und mit den Erkenntnissen Communities in wenig kartierten Gebieten unterstützen. Das ist essenziell, auch vor dem Hintergrund der Sustainable Development Goals: Das Ziel “no one is left behind” kann nur dann erreicht werden, wenn verlässliche Daten darüber existieren, wo und wie viele Menschen sich überhaupt in städtischen Räumen aufhalten. Die Arbeit von Herfort und seinen Kollegen kann dazu beitragen, eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft für urbane Regionen zu erreichen.

Ansprechpartnerin:

Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT)
Linda Sendlinger
E-Mail: linda.sendlinger@heigit.org

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