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Lokales Wissen einfach kartieren

Das HeiGIT hat eine neue Version des Sketch Map Tool – ein einfach zu bedienendes Werkzeug für partizipative Skizzenkartierung und Offline-Datenerfassung – veröffentlicht.

Das HeiGIT (Heidelberg Institute for Geoinformation Technology) hat eine neue Version des Sketch Map Tool – ein einfach zu bedienendes Werkzeug für partizipative Skizzenkartierung und Offline-Datenerfassung – veröffentlicht. Unterstützt durch die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz und die finanzielle Begünstigung des Auswärtigen Amtes verbessert das HeiGIT kontinuierlich die Fähigkeiten des Tools, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Insbesondere diejenigen, die keine umfassenden Kenntnisse über Geografische Informationssysteme (GIS) haben.

Die Version 2.0 des Tools trägt den Namen „Juling“, als Hommage an Professor Wilfried Juling, dessen Unterstützung das Wachstum und den Erfolg des HeiGIT seit seinen Anfängen maßgeblich geprägt haben. Das 2019 gegründete Institut, dessen Aufbau bereits 2016 begann, ist als Kooperationspartner personell eng mit der Universität Heidelberg verbunden und wird von der Klaus Tschira Stiftung getragen.

Lokales Wissen spielt bei der Bewältigung von Herausforderungen wie Katastrophenmanagement und Stadtplanung eine zentrale Rolle. Deshalb bietet das Sketch Map Tool eine Low-Tech-Lösung, um Erkenntnisse der Gemeinschaft auf papierbasierten Karten zu erfassen, die so genannten Sketch Maps. Diese Karten helfen dabei, Gebiete zu identifizieren, die für Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Dürren anfällig sind, sowie kritische Infrastruktur und zivile Einrichtungen in gefährdeten Zonen ausfindig zu machen und gefährdete Bauwerke zu kennzeichnen. Neben seiner Anwendung in humanitären Krisen kann das Tool auch die Visualisierung von Plänen und Visionen erleichtern und so größeres Engagement und bessere Zusammenarbeit ermöglichen.

Der Hintergrund
Die ursprüngliche Entwicklung der Prototypen des Sketch Map Tool begann vor über fünf Jahren in enger Zusammenarbeit zwischen dem HeiGIT und der GIScience-Forschungsgruppe der Universität Heidelberg. Am Anfang war das Tool Teil des Waterproofing Data Projekts, das die Wahrnehmung des Hochwasserrisikos in zwei gefährdeten brasilianischen Gemeinden unterstützte. Anschließend wurde das Tool in verschiedenen globalen Kontexten und Projekten getestet, darunter in Kolumbien, Deutschland, Italien, Mosambik und Madagaskar.

In Mosambik zum Beispiel nutzten lokale Gemeinschaften das Sketch Map Tool in Workshops, um überschwemmungsgefährdete Gebiete und Regionen mit erhöhter Kriminalitätsrate zu dokumentieren. Die gesammelten Daten wurden in Katastrophenvorsorgeprojekten der Rotkreuzgesellschaft Mosambik und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) verwendet. Im Mai 2023 wurde das Sketch Map Tool bei einer von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) organisierten regionalen Schulungsveranstaltung in Kuala Lumpur, Malaysia, vorgestellt und eingesetzt. Diese Veranstaltung markierte weltweit einen wichtigen Meilenstein für die Integration des Tools in die Standardprozesse der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung.

Im selben Jahr erprobte das Kolumbianische Rote Kreuz (CRC) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz und HeiGIT das Sketch Map Tool im Rahmen des partizipativen Prozesses, der für den Aufbau der Resilienz von Gemeinden entwickelt wurde (Enhanced Vulnerability and Capacity Assessment (EVCA)). Kimon Letzner forschte im Rahmen seiner Masterarbeit daran. Er setzte das Tool bei Gruppendiskussionen und der kollektiven Kartierung des Gebiets ein, um die Bedürfnisse der Gemeinschaft zu ermitteln.

Vor kurzem wurde das Tool im Rahmen der Doktorarbeit von Claudio de Simone an der Universität Tor Vergata in Rom ausprobiert. Seine Arbeit befasst sich mit der Interaktion zwischen Wasserlandschaft und Gesellschaft in ländlichen Gebieten in Süditalien. Er versucht dort, die wichtigsten Veränderungen infolge des Baus des Occhito-Staudamms zu identifizieren. Dazu gehört beispielsweise herauszufinden, wie die Gemeindemitglieder die Ressourcen der Gegend nutzen und das lokale Kultur- und Naturerbe zu erfassen. Politische Entscheidungsträger nutzen diese Ergebnisse, um kulturelle und touristische Strategien sowie die Nutzung des Occhito-Staudamms an die Bedürfnisse der Gemeinde anzupassen.

Das Tool
In der neuen Version beinhaltet jede Sketch Map nun eine Basiskarte mit OpenStreetMap-Daten (OSM) oder Satellitenbildern. Dadurch erhalten die Nutzenden wichtige Kontext- und Referenzpunkte. Nachdem sie ihre Karten markiert und Fotos gemacht haben, wandelt das Tool diese Informationen automatisch in digitale Daten um, die in Geografischen Informationssystemen verwendet werden können. Diese Mischung aus traditioneller Kartenerstellung und moderner Technologie bedeutet, dass die Nutzerinnen und Nutzer bessere Entscheidungen auf Grundlage lokaler Kenntnisse treffen können.

Die Vorteile, Zugriff auf beide Basiskarten zu haben, hängen von dem Gebiet und dem Thema ab, das kartiert werden soll. Bei der Kartierung von Hitzestress in dicht besiedelten städtischen Gebieten kann beispielsweise die Kennzeichnung von Krankenhäusern auf der OSM-Basiskarte ebenso nützlich sein wie der Einblick in die Vegetation, den die Satellitenbilder bieten. Andererseits eignen sich Satellitenbilder als Basiskartenoption für die Kartierung von Aktivitäten in natürlichen Umgebungen und erhöhen den Nutzen des Tools bei der Erforschung verschiedener Risikofaktoren wie Bevölkerungsdynamik, Landnutzungsmuster und Umweltzerstörung. Das Sketch Map Tool kann deswegen das Katastrophenrisikomanagement verbessern.

Darüber hinaus kann die neueste Version des Sketch Map Tool markierte Objekte noch genauer identifizieren. Es setzt fortschrittliche Computerprogramme ein, die darauf trainiert sind, Markierungen vom Hintergrund zu unterscheiden, indem sie Muster und Merkmale in den Bildern analysieren. Des Weiteren verwendet das Tool Standardmethoden, um eine präzise Übereinstimmung der Sketch Maps mit realen Orten zu gewährleisten. Dies wird durch die Identifizierung und den Abgleich von Schlüsselpunkten, wie beispielsweise markanten Landmarken, in verschiedenen Bildern erreicht.

Die Version 2.0 der Sketch Map Tool Website ist jetzt auf Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch verfügbar. Darüber hinaus bietet eine neue Schulungsplattform fünf Übungen zur Erkundung des Tools und des Sketch-Mappings, die für Workshops konzipiert wurden, um die gemeinsame Diskussion unter den Teilnehmenden zu fördern (nur auf Englisch verfügbar).

Ausblick
Mit Blick in die Zukunft betont HeiGIT die Bedeutung einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit Einsatzkräften und Gemeinden, um die Relevanz und Wirksamkeit des Sketch Map Tools sicherzustellen. Das erleichtert die Akzeptanz, das Engagement und die Eigenverantwortung der Gemeinden für ein Projekt.

Durch den Aufbau von Partnerschaften und die Förderung von Datenkompetenz will das HeiGIT humanitären Organisationen die notwendigen Instrumente und Kenntnisse vermitteln, um sich verändernde Herausforderungen wirksam anzugehen. Es geht darum, ein kollaboratives Umfeld zu schaffen, in dem Akteure mit unterschiedlichem Hintergrund zur Weiterentwicklung des Sketch Map Tool beitragen und davon profitieren können.

Mehr Informationen zum Sketch Map Tool auf der Webseite: https://sketch-map-tool.heigit.org/

Ansprechpartner:in vom HeiGIT (Heidelberg Institute for Geoinformation Technology)

Prof. Dr. Alexander Zipf
E-Mail: Alexander.Zipf@heigit.org

Lisa Shkredova
E-Mail: communications@heigit.org