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KlarText – Preis für Wissenschaftskommunikation, an sieben Wissenschaftler verliehen

Die Klaus Tschira Stiftung stellt ihren Preis für verständliche Wissenschaft neu auf

Sie beschäftigen sich mit künstlichem Knorpel, mit Gesteinsbewegungen im Erdinnern oder der Qualität von Spermien – die Gewinner von KlarText, dem Preis für Wissenschaftskommunikation der Klaus Tschira Stiftung. Die sieben Nachwuchswissenschaftler haben in ihren Doktorarbeiten ganz unterschiedliche Themen bearbeitet und auf Deutsch einen Artikel darüber geschrieben – einen Text, der auch Nicht-Wissenschaftler neugierig machen soll auf das, was in der Forschung passiert. Am heutigen Donnerstag, 5. Oktober, 16 Uhr,  werden sie in der Alten Aula der Universität Heidelberg mit dem KlarText-Preis ausgezeichnet.Die Klaus Tschira Stiftung vergibt die Auszeichnung bereits zum 15. Mal. 2017 haben 185 Wissenschaftler einen Textin den Kategorien Biologie, Chemie, Informatik, Mathematik, Neurowissenschaften oder Physik eingereicht. Eine Jury aus Wissenschaftlern und Journalisten hat in drei Schritten die besten Beiträge ausgewählt. Die diesjährigen Preisträger haben ihre Doktorarbeiten in Heidelberg, Bonn, Zürich, Jena, Lund und Potsdam angefertigt. Ihr Lebensläufe und der Inhalt ihrer Arbeiten sind untenstehend zusammengefasst.

Eine Besonderheit in diesem Jahr: Es gibt 2017 zwei gleichwertige Preise in der Biologie. Und ab dem kommenden Jahr können Forscher ihren Beitrag auch in den Geowissenschaften einreichen, die als weitere Kategorie hinzukommen.

KTP_2017Aber das ist nicht die einzige Neuerung: „Wir haben die Auszeichnung seit den Anfängen in den 90er Jahren immer weiter entwickelt, immer mit dem Ziel, möglichst viele Forscher dazu zu bewegen, ihre wissenschaftlichen Ergebnisse zu erklären und ihre Begeisterung dafür nach außen zu tragen“, erklärt Beate Spiegel, Geschäftsführerin der Klaus Tschira Stiftung. So hat sich die Geschäftsführung mit ihrem Team dazu entschieden, den Preis umzubenennen. Aus „Klaus Tschira Preis für verständliche Wissenschaft – KlarText!“ wird „KlarText – Preis für Wissenschaftskommunikation“. „KlarText bleibt weiter Bestandteil des Namens, mit dem Fokus auf den Initialen unseres Vaters Klaus Tschira, der Wortspielereien sehr gerne mochte“, sagt Geschäftsführer Udo Tschira. Der neue Name sei griffiger und klarer, auch durch die Aufnahme der Begrifflichkeit Wissenschaftskommunikation.

Neben dem Namen des Preises hat die Stiftung auch das Design des Preises weiterentwickelt – im Logo, auf der neuen Webseite und auch im Bewerbungsportal, über das die Teilnehmer ab November ihre Artikel für die Ausschreibung 2018 einreichen können. Und: Schon in diesem Jahr werden die Siegerbeiträge in einem Wissensmagazin veröffentlicht, das der ZEIT am 5. Oktober beiliegt.

All diese Neuerungen sollen dazu beitragen, noch mehr junge Wissenschaftler dazu zu bewegen, ihre Forschungsergebnisse verständlich zu erklären, sie transparent zu machen und diese auch Nicht-Wissenschaftlern zu vermitteln – und zwar möglichst vielen.

Die Sieger können sich wie in den vergangenen Jahren über ein Preisgeld von je 5000 Euro freuen. Alle Bewerber, nicht nur die Gewinner, lädt die Stiftung zu einem zweitägigen Workshop Wissenschaftskommunikation nach Heidelberg ein.

Die Bewerbungsrunde für KlarText 2018 beginnt Mitte November 2017. Einsendeschluss für die Textbeiträge ist der 28. Februar 2018.

Presseanfragen und Anmeldung bei:
Agnes Schulze
Klaus Tschira Stiftung
Presse und Kommunikation
+49-6221-533 114
agnes.schulze@klaus-tschira-stiftung.de

 

Die Gewinner des KlarText-Preises 2017 – Porträts und Kurzzusammenfassungen:

Biologie: Dominik Niopek, Siegerbeitrag „Zellen steuern mit Licht – und Liebe“
Dominik Niopek wurde 1987 in Speyer geboren, studierte Molekulare Biotechnologie an der Universität Heidelberg, wo er 2016 seine Dissertation mit dem Titel „Optogenetic Control of Nucleocytoplasmic Protein Transport“ abschloss. Mittlerweile ist er Leiter der Forschungsgruppe „Synthetische Biologie“ an der Universität Heidelberg.

In seinem Beitrag „Zellen steuern mit Licht – und Liebe“ beschreibt Dominik Niopek ein neues Verfahren, das es ermöglicht, Genschalter in Säugerzellen mit Licht zu steuern. Er baute ein lichtsensitives Protein aus der Haferpflanze mit Hilfe gentechnischer Methoden so um, dass dieses wie eine Art molekularer Transporter funktioniert: Bestrahlt man Zellen mit blauem Licht, befördert der Transporter beliebige, daran angehängte Proteine in den Zellkern hinein – oder aus ihm heraus. Diese Technologie ermöglicht es, die dynamische Bewegung von Proteinen auf neue Art und Weise zu untersuchen. Außerdem können die Proteine – räumlich und zeitlich – präzise gesteuert werden und Wissenschaftler bekommen mit dem Verfahren ein neues Instrument an die Hand, zelluläre und krankheitsrelevante Prozesse zu entschlüsseln.

 

Biologie: Christian Schiffer, Siegerbeitrag „Auf der falschen Fährte“
Christian Schiffer wurde 1987 in Grevenbroich geboren. Er studierte Biochemie in Düsseldorf und wechselte für seine Masterarbeit nach Bonn zum Forschungszentrum caesar der Max-Planck-Gesellschaft. Seinen Doktortitel erhielt er im Fach Chemie von der Universität zu Köln für die Arbeit „Wirkung von Umweltchemikalien und Progesteron auf menschliche Spermien“. Seit 2016 arbeitet Schiffer am Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie des Universitätsklinikums Münster.

Die Befruchtung der Eizelle ist für Spermien ein schwieriges Unterfangen, das eine Reihe zellulärer Signalverarbeitungsprozesse erfordert. Sexualhormone, die die Eizelle abgibt, dienen den Spermien beispielsweise als Wegweiser bei der Navigation im Eileiter. In seinem Beitrag „Auf der falschen Fährte“ zeigt Christian Schiffer, dass bestimmte Chemikalien, die wir aus unserer Umwelt aufnehmen – zum Beispiel über Sonnencreme – diese Prozesse stören können: Sie imitieren die Wirkung dieser Sexualhormone auf die Spermien und stören auf diese Weise die Spermienfunktion. Dies könnte sich negativ auf den Befruchtungsvorgang auswirken.

 

Chemie: Christian Mathis, Siegerbeitrag „Der Knorpel im Hydraulikzylinder“
Christian Mathis wurde 1986 im österreichischen Bregenz geboren. Er studierte Luft- und Raumfahrttechnik in Delft und Wirtschaftswissenschaften in Rotterdam. Nach Zwischenstationen in der Industrie absolvierte er sein Doktorat an der ETH Zürich zum Thema „Investigation of Fluid-Confinement in Lubricating Polymer-Brush Coatings“. Derzeit arbeitet er bei der SuSoS AG in Dübendorf, Schweiz, an der Entwicklung neuartiger Beschichtungstechnologien für die Medizintechnik.

In seinem Beitrag „Der Knorpel im Hydraulikzylinder“ gibt Christian Mathis einen kurzen Abriss, wie der Knorpel in unseren Gelenken funktioniert – und wie künstliche Imitate des ausgeklügelten Mechanismus eingesetzt werden können. Er hat sich dabei darauf konzentriert, die Schmiermechanismen besser zu verstehen und hat dazu neue Verfahren entwickelt. Anschließend testete Mathis an hydraulischen Zylindern, wie er mithilfe des neuen Wissens Reibung und Abrieb verringern kann.

 

Informatik: Alexander Freytag, Siegerbeitrag „Wie Maschinen das Lernen lernen“
Alexander Freytag wuchs in Erfurt auf, wo er 1988 zur Welt kam. Er studierte Informatik in Jena und promovierte ebenda mit der Arbeit „Lifelong Learning for Visual Recognition Problems“. Seit 2016 forscht er bei der Carl Zeiss AG in Jena an der nächsten Generation intelligenter optischer Systeme.

Um Neues dazu zu lernen, ist es Kindern ein innerliches Bedürfnis Fragen zu stellen. Alexander Freytag beschäftigt sich in seinem Beitrag „Wie Maschinen das Lernen lernen“ mit der Frage, ob auch Maschinen darauf programmiert werden können, Fragen zu stellen, um Neues dazu zu lernen. Und wenn ja, welche Schlüsselkompetenzen die intelligente Maschine dafür besitzen müsste. Freytag hat dabei einen Computer mit „Fähigkeiten“ ausgestattet, die menschlichen Fähigkeiten ähneln, um dazu zu lernen. So programmierte er die Maschine etwa darauf, Eindrücke zu verarbeiten, Fragen zu stellen und Muster zu erkennen. Außerdem skizziert er in seinem Beitrag in Zukunft mögliche Anwendungsgebiete lebenslang lebender Maschinen.

 

Mathematik: Marcel Mohr, Siegerbeitrag „Berechenbarer Krebs“
Marcel Mohr stammt aus Gießen, wo er 1986 zur Welt kam. Der Mathematiker studierte in Gießen und an der TU München. Seine Doktorarbeit schrieb er an der Universität Heidelberg: „Mathematical modelling of plasma cell dynamics in multiple myeloma“. Seit 2016 arbeitet Mohr dort und am Universitätsklinikum Heidelberg an der Anwendung mathematischer Modelle in der Medizin und in den Biowissenschaften.

Wie eine Krebserkrankung verläuft, ist nur selten vorhersehbar. Viele verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle. In seinem Beitrag „Berechenbarer Krebs“ erklärt Marcel Mohr, wie die Mathematik dazu beitragen kann, die Dynamik der Krankheit besser zu verstehen. Er zeigt, dass mithilfe von mathematischen Modellen berechnet werden kann, wie schnell bösartige Zellen wachsen. Dies ermöglicht Medizinern und ihren Patienten Rückschlüsse darauf, wie schnell sich der Krebs ausbreitet und wann wahrscheinlich mit Beschwerden zu rechnen ist.

 

Neurowissenschaften: Anna Stöckl, Siegerbeitrag „Mit guter Sicht gut durch die Nacht“
Anna Stöckl kam 1987 in Rüdesheim zur Welt. Sie studierte Biologie in Heidelberg und hat einen Master in Neurowissenschaften der LMU München. Ihren Doktortitel erhielt sie 2016 von der Lund University in Schweden für ihre Arbeit „Neurons against Noise: neural adaptions for dim light vision in hawkmoths“. Mittlerweile erforscht sie an der finnischen Aalto University die visuelle Signalverarbeitung in der Netzhaut von Mäusen.

In ihrem Beitrag „Mit guter Sicht durch die Nacht“ beschreibt Anna Stöckl, wie das Sehvermögen des Mittleren Weinschwärmers funktioniert. Die Motte kann selbst bei Sternenlicht noch ausgezeichnet sehen, da sie ihre Lichtempfindlichkeit durch geschickte Verarbeitung der Lichtsignale im Gehirn zusätzlich steigern kann. Dieser Mechanismus könnte auch dem Menschen nutzen, etwa bei der Entwicklung von Nachtsichtalgorithmen für Kameras, die beispielsweise an autonomen Fahrzeugen angebracht werden könnten.

 

Physik: Julianne Dannberg, Siegerbeitrag „Auf und Ab im Erdmantel“
Juliane Dannberg stammt aus Jena, wo sie 1988 geboren wurde. Die Geophysikerin studierte in ihrer Heimatstadt und promovierte 2016 am GeoForschungsZentrum in Potsdam mit der Arbeit „Dynamics of mantle plumes: Linking scales and coupling physics“. Im Anschluss daran ging sie in die USA. Derzeit arbeitet Dannberg als Postdoctoral Fellow an der Colorado State University in Fort Collins über die Modellierung von Prozessen im Erdmantel.

In ihrem Beitrag „Auf und Ab im Erdmantel“ beschäftigt sich Juliane Dannberg mit Gesteinsbewegungen im Inneren der Erde: Dort sinkt kaltes Gestein nach unten, heißes Gestein steigt nach oben – wie in einer Lavalampe, nur viel langsamer. Wenn sich nach oben strömendes heißes Gestein der Erdoberfläche nähert, beginnt es zu schmelzen und das dabei entstehende Magma löst Vulkanausbrüche aus. Juliane Dannberg hat neue Computermodelle entwickelt, die die chemische Zusammensetzung des Gesteins und die Bewegung von festem Gestein sowie geschmolzenem Magma berücksichtigen. Sie kommt darin zu dem Ergebnis, dass durch den Aufstieg heißen Gesteins genug Magma und Gas entstehen können, um heftige Vulkanausbrüche und ein Massensterben – wie das der Dinosaurier – auszulösen.