Aktuelles

Ab in den DeLorean und zurück in die Zukunft

Tim Tröndle, Nachhaltigkeitsforscher, bei "Sechs Fragen an..."

Die Klaus Tschira Stiftung ist stolz auf ihre Alumni. Das sind Ehemalige der Leadership Academy, des MIP.labors, des Heidelberg Laureate Forums, der Deutschen Journalistenschule, des Klaus Tschira Boost Fund sowie Ausgezeichnete beim KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation und anderweitig Geförderte. Sie fallen durch hervorragende Leistung in Forschung, Wissenschaftskommunikation oder Bildung auf und haben überdies einen Hintergrund in Mathematik, Informatik oder Naturwissenschaften. Darüber hinaus teilen sie die Leidenschaft, einen Beitrag leisten zu wollen für die Zukunft unserer Wissenswelt. „Mit der Plattform ‚AlumNode‘ haben wir ein Netzwerk aufgebaut, in dem sich Absolventinnen und Absolventen unserer Förderprogramme vernetzen sowie Projektideen entwickeln und umsetzen können“, so Mara Hölz, Referentin des Alumni-Netzwerks der Klaus Tschira Stiftung. Die Sommerserie „Sechs Fragen an…“ stellt sechs von ihnen vor.

Tim Tröndle erforscht Hürden der Energiewende. © Sandro Bösch

Wie würdest du deine Forschung deinen Großeltern erklären?

Die Art und Weise, wie wir heute leben, ist nicht nachhaltig. Wenn wir unsere Welt für die kommenden Generationen erhalten wollen, müssen wir unsere Lebensweise und unsere Wirtschaft anpassen. Was wir dazu machen müssen und wie wir es machen müssen, ist im Groben ziemlich gut bekannt — viele Menschen weltweit haben sich dazu bereits viele Gedanken gemacht. Unklarer ist allerdings, wie wir alle unterschiedlichen Interessen verbinden können, um gemeinsam auf dieses Ziel hin zu arbeiten. Genau das erforsche ich in meiner Arbeit. Ich befrage Menschen, studiere ihre Reaktionen auf Technologien, Debatten und politische Entscheidungen und nutze Computermodelle, um die Auswirkungen von Entscheidungen vorherzusagen.

Was verbindet dich mit der Klaus Tschira Stiftung?

Die Faszination an der Wissenschaft. Ich bin einerseits ein sehr neugieriger Mensch und liebe es, Neues zu lernen. Andererseits schaue ich immer auch gerne hinter die Kulissen — gerade auch bei Fragen, die mein Leben oder das Leben anderer betreffen. Das führt dazu, dass ich mich manchmal nur unwillig mit schnellen Antworten zufriedengebe und mich frage, ob es nicht auch eine andere Erklärung geben könnte.

Mit der Stiftung verbindet mich aber auch die Bedeutung, die ich der Wissenschaftskommunikation zuschreibe. Ich finde sie besonders wichtig in einem Feld, das gesellschaftlich relevant ist und in dem es viele unterschiedliche Meinungen und eine breite öffentliche Debatte gibt. Ich mag es, in diesem Umfeld zu forschen. Letztlich basiert das öffentliche und mein Interesse auch auf den gleichen Ausgangspunkten. In dem Diskurs gibt es viel Miss- und vor allem Desinformation und ich empfinde es als wichtige Rolle der Wissenschaft, einerseits Fakten einzubringen, sich aber andererseits auch aktiv an der Diskussion zu beteiligen.

Welchen Rat würdest du deinem jüngeren Ich nach dem Schulabschluss geben?

Nicht auf diese seltsame, meine eigene, deutlich gealterte, Stimme zu hören. Klar wird mein jüngeres Ich Fehler machen — wenig überraschend weiß ich das recht genau — aber diese Erfahrungen bilden am Ende die Persönlichkeit. Viele wichtige Einsichten in meinem Leben brauchten ihre Zeit und würden durch einen, wenn auch gut gemeinten, Rat nicht unbedingt beschleunigt. Also ab in den DeLorean und zurück in die Zukunft.

Was trägt dich durch schwierige Phasen?

Ein möglichst breites Spektrum an Trostspendern. Es kommt vor, dass ich mich sehr auf einzelne berufliche oder private Aspekte meines Lebens fokussiere und sie damit in ihrer Bedeutung erhöhe. Mit so einem Fokus erhöht sich natürlich auch die Fallhöhe. In klaren und gutmütigen Momenten verstehe ich allerdings, dass das Leben vieles zu bieten hat. All das wird dann zum potenziellen Trostspender. Das können Kleinigkeiten sein, wie etwa architektonische Details auf einem Stadtspaziergang oder spontane Konversationen mit Unbekannten. Natürlich sind das aber auch die wichtigen Säulen in meinem Leben: Familie und Freunde.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat 2024 das Wissenschaftsjahr Freiheit ausgerufen. Was bedeutet Freiheit für dich in deinem Wirken?

Für mich ist Freiheit einer der definierenden Faktoren der akademischen Forschung. Als Wissenschaftler habe ich die Freiheit, zu entscheiden, was ich erforsche und wie ich es erforsche. Die Studien, die ich dabei entwerfe und durchführe könnten auch außerhalb der akademischen Forschung entstehen, aber dort gibt es meist weniger Freiheit in der Gestaltung. Natürlich habe ich auch die Möglichkeit, meine Erkenntnisse frei zu kommunizieren, ohne Rücksicht auf politische Befindlichkeiten. Dieses Privileg mache ich mir vermutlich gar nicht oft genug klar.

Und sonst so?

Gut, danke. Selbst?

Kurzbiografie

Tim Tröndle erforscht die Energiewende und interessiert sich dabei vor allem für deren politische Machbarkeit. Seine Forschung fußt auf der Erkenntnis, dass die Europäische Energiewende technisch und ökonomisch durchführbar ist. Ob und wie gesellschaftliche Konflikte überwunden werden können, ist allerdings deutlich weniger klar. Um Antworten auf diese Frage zu finden, verbindet Tims Forschung technische, ökonomische, aber eben auch gesellschaftliche und politische Faktoren. Zum Beispiel identifiziert sie Wege zu einer klimaneutralen Energieversorgung, die sowohl technisch möglich, ökonomisch tragbar und gesellschaftlich präferiert sind. Konzeptionell basiert seine Arbeit auf den Systemwissenschaften, die sich weniger auf einzelne Details, sondern auf Zusammenhänge und Wechselwirkungen fokussieren. Aktuell forscht und lehrt Tim in der Gruppe Klimapolitik an der ETH Zürich.

Kontakt

Dr. Tim Tröndle
tim.troendle@usys.ethz.ch