Heidelberger Geowissenschaftler entwickeln neue Methode zur Identifizierung biogenen Kohlenstoffs in Zirkonmineralen
Wie in einer Zeitkapsel können Zirkonminerale hunderte Millionen Jahre alte Lebensspuren in Form von biogenem Kohlenstoff konservieren. Mithilfe einer neu entwickelten Methode ist es Geowissenschaftlern der Universität Heidelberg gelungen, sehr alte und selten vorkommende Exemplare des Minerals Zirkon mit Graphiteinschlüssen aufzuspüren, in denen sich leichter Kohlenstoff als Überrest früheren Lebens identifizieren lässt. Dies eröffnet, so die Wissenschaftler, neue Perspektiven für die Erforschung der Frühzeit unseres Planeten, aus der weder Fossilien noch Sedimente unverändert erhalten sind. Die Forschungsarbeit wurde von der Klaus Tschira Stiftung unterstützt.
Zirkon-Mineralkörner bilden sich aus Magma – geschmolzenem Gestein – in einer sehr heißen und eigentlich lebensfeindlichen Umgebung. Allerdings können aufgeheizte Reste von Organismen zu den Gasen Kohlendioxid und Methan umgewandelt werden und als Graphit im Mineral Zirkon bei etwa 700 Grad Celsius abgelagert werden. „Die besondere Isotopensignatur des biogenen Kohlenstoffs bleibt in den meisten Einschlüssen weitgehend erhalten und hinterlässt gewissermaßen einen Fingerabdruck früherer Lebensformen“, erläutert Dr. Manfred Vogt vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg und Erstautor der Studie.
Die Durchführung der Messungen ist, betonen die Forscher, sehr anspruchsvoll. Zunächst müssen intakte Graphiteinschlüsse, die teilweise nur wenige Mikrometer groß und somit hundertmal dünner sind als menschliches Haar, erst einmal gefunden und identifiziert werden. Dies erfolgt mittels der Ramanspektroskopie im ungeöffneten Zustand der Einschlüsse und ohne Materialentnahme, wodurch eine Kontamination mit Kohlenstoff aus der Umgebung ausgeschlossen werden kann. Ein weiterer Schritt stellt die Messung der Kohlenstoffisotopie dar. Dazu werden die Graphiteinschlüsse durch Beschuss mit einem Ionenstrahl geöffnet, was eine Untersuchung des Kohlenstoffs auf seine Isotopenzusammensetzung ermöglicht. „Dabei können wir nur wenige Nanometer dicke Kohlenstofflagen abtragen und individuell messen, erhalten also viele Datenpunkte für einen einzigen Einschluss, um diesen auf mögliche Variationen zu untersuchen“, so Dr. Winfried Schwarz, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.
Zirkone sind die ältesten Minerale der Erde. Ihr Alter reicht bis in eine Zeit vor mehr als vier Milliarden Jahren zurück. „Über gut 96 Prozent der Erdgeschichte können uns Zirkone Informationen geben. Für die ersten hunderte Millionen Jahre der Erdgeschichte sind sie sogar das einzige Mineralarchiv, das über den sehr frühen Zustand der Erde informiert. Einschlüsse in den ältesten Zirkonen haben uns bereits gezeigt, dass es sehr früh Wasser und Ozeane auf der Erde gab sowie Bewegungen der Kontinentalplatten“, erläutert Dr. Vogt.
Die Forschungsergebnisse wurden in „Geochimica et Cosmochemica Acta“ veröffentlicht. Gefördert wurden die Forschungsarbeiten, an denen auch zwei Wissenschaftler der University of California, Los Angeles (USA) beteiligt waren, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Klaus Tschira Stiftung.
Originalpublikation:
- Vogt, W. Schwarz, A.K. Schmitt, J. Schmitt, M. Trieloff, M. Harrison, E. Bell (2023): Graphitic Inclusions in Zircon from Early Phanerozoic S-type Granite: Implications for the Preservation of Hadean Biosignatures. Geochimica et Comsochimica Acta (published online 29 March 2023); https://doi.org/10.1016/j.gca.2023.03.022
Weitere Informationen:
Forschungsgruppe für Geo- und Kosmochemie – www.geow.uni-heidelberg.de/forschungsgruppen/trieloff
Kontakt:
Prof. Dr. Mario Trieloff
Institut für Geowissenschaften
Telefon (06221) 54-6022
E-mail: mario.trieloff@geow.uni-heidelberg.de