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Nächtliches Kunstlicht im Fokus: Das internationale Forschungs- und Ausbildungsprogramm GAME am GEOMAR

Verändert künstliches Licht bei Nacht die Zusammensetzung mariner Lebensgemeinschaften in flachen Küstengewässern? Dieser Frage geht ein von der Klaus Tschira Stiftung gefördertes Projekt nach.

Verändert künstliches Licht bei Nacht die Zusammensetzung mariner Lebensgemeinschaften in flachen Küstengewässern, und macht es einen Unterschied, ob es sich dabei um gelbes oder um weißes Licht handelt? Diesen Fragen sind die 19 internationalen Studierenden des diesjährigen GAME-Projektes an zehn verschiedenen Orten auf der ganzen Welt nachgegangen. Gefördert wird das Projekt von der Klaus Tschira Stiftung. Das weltweit einzigartige internationale Forschungs- und Ausbildungsprogramm für Studierende der Meereswissenschaften wird bereits seit 21 Jahren am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel angeboten. Die Anmeldefrist für eine Teilnahme 2024 läuft noch bis Ende Januar.

19 Studierende, zehn Länder und eine gemeinsame Forschungsfrage: Das war das GAME-Projekt 2023. „GAME“ steht für „Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“ (Global Approach by Modular Experiment) und ist ein weltweit einzigartiges internationales Forschungs- und Ausbildungsprogramm für Studierende der Meereswissenschaften, das seit 2002 am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel angeboten wird. Dabei arbeiten deutsche und internationale Studierende in Zweierteams zusammen. Ein Teammitglied stammt immer von einer deutschen Universität, das andere von einem der GAME-Partnerinstitute.

Auch der 21. GAME-Jahrgang hatte seine Arbeit wieder im März in Kiel begonnen. Hier trafen sich alle 19 teilnehmenden Studierenden, um in einem vierwöchigen Kurs den Versuchsaufbau für die diesjährige gemeinsame Forschungsfrage zu erarbeiten. Im April ging es dann nach Island, Israel, Finnland, Malaysia, Japan, Kroatien, Kap Verde, Chile, Spanien und Portugal. Ein halbes Jahr forschten die Zweier-Teams gemeinsam vor Ort, bevor sie ab Oktober ihre Ergebnisse in Kiel zusammenführten und auswerteten. Zum Abschluss haben die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Ergebnisse nun an verschiedenen Universitäten in Norddeutschland präsentiert.

Aus wissenschaftlicher Sicht ermöglicht das Programm etwas ganz Besonderes: Da bei GAME das identische Experiment zu einer ökologischen Fragestellung zeitgleich an verschiedenen Standorten auf der ganzen Welt gemacht wird, werden global vergleichbare Ergebnisse gewonnen. In diesem Jahr ging es dabei – wie schon in den beiden Jahren zuvor – um Lichtverschmutzung. Die Fragestellung lautete: „Beeinflusst künstliches Licht bei Nacht die Diversität und Zusammensetzung von Hartboden-Lebensgemeinschaften?“ Oder anders gefragt: Welche Arten siedeln sich auf Untergründen wie Felsen, Spundwänden oder auch Schiffsrümpfen an, wenn das Wasser nachts von künstlichem Licht erhellt wird? Und macht es einen Unterschied, ob die Lampe gelbes oder weißes Licht abgibt?

„Künstliches Licht als Form der Umweltverschmutzung wurde im marinen Bereich lange vernachlässigt“, sagt Projektleiter Mark Lenz, „hier findet langsam ein Umdenken statt.“ Mit seinen GAME-Studierenden ist der Meeresökologe Vorreiter auf diesem Gebiet – und die diesjährigen Ergebnisse können sich sehen lassen. Lenz: „Wir haben zum Teil starke Effekte gesehen, das Licht scheint einen sehr großen Einfluss zu haben.“ Besonders interessant: Da die Experimente an Standorten mit sehr unterschiedlichen Tageslichtverhältnissen durchgeführt wurden – von Island, wo es im Sommer fast nie dunkel wird, bis nach Malaysia, das so nah am Äquator liegt, dass Tag und Nacht dort fast immer gleich lang sind – fallen die Ergebnisse sehr unterschiedlich aus.

„Wir konnten ein sehr starkes Wachstum unter dem Einfluss von weißem Licht beobachten“, berichtet beispielsweise Amelie Muntschick, die zusammen mit ihrer Tandem-Partnerin Isia Sousa aus Mindelo auf der kapverdischen Insel São Vicente geforscht hat. „Die Artenvielfalt ist nach der Erstbesiedelung stark zurückgegangen, es konnten sich also einige wenige Arten durchsetzen, die aber sehr viel Biomasse erzeugten.“ Das könnte ein interessantes Ergebnis für Bootsbesitzer sein, die mit Bewuchs kämpfen.

Die Kieler Studentin ist dankbar, dass sie die Erfahrung machen durfte, ein eigenes Forschungsprojekt von Beginn an aufzusetzen und dennoch nicht allein zu sein: „Wir haben alle Arbeitsschritte im Team gemacht. Es gibt so unglaublich viele Herausforderungen auf dem Weg“, sagt sie und schaut Isia Sousa an. Die nickt: „Es ist wirklich immer wieder überraschend, jeden Tag passiert irgendetwas, für das man eine Lösung finden muss. Und wenn man es dann geschafft hat – das sind die Highlights.“ Die junge Kapverdierin ist noch im Bachelor-Studium, die meisten anderen werden im Rahmen von GAME ihre Masterarbeit schreiben.

Doch jetzt touren sie erst einmal durch die norddeutschen Hochschulstandorte, um ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren und für GAME zu werben – die Vorbereitungen für den 22. Jahrgang laufen bereits. Der wird sich mit der Frage beschäftigen, wie sich nächtliches Kunstlicht auf das Wachstum, die Photosynthese-Leistung und die Verteidigungsfähigkeit von Makroalgen auswirkt. Bewerbungen sind noch möglich bis zum 31. Januar.

Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist eine der weltweit führenden Einrichtungen auf dem Gebiet der Meeresforschung. Aufgabe des Instituts ist die Untersuchung der chemischen, physikalischen, biologischen und geologischen Prozesse im Ozean und ihre Wechselwirkung mit dem Meeresboden und der Atmosphäre. Mit dieser Bandbreite deckt das GEOMAR ein in Deutschland einzigartiges Spektrum ab. Das GEOMAR ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts und wird von der Bundesrepublik Deutschland (90%) und dem Land Schleswig-Holstein (10%) gemeinsam finanziert. Es verfügt zurzeit über ein jährliches Budget von ca. 80 Mio. Euro und hat 1000 Beschäftigte (Stand 2020).

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