Vahid Nasirimarekani fühlte sich schon immer angespornt von Herausforderungen. Nachdem er ursprünglich Maschinenbau im Iran studierte, richtete er seine akademische Laufbahn zunehmend auf die Lebenswissenschaften aus. Nicht von ungefähr gilt sein heutiges Forschungsinteresse einer der wohl fundamentalsten Fragen überhaupt: Wie entstand Leben auf unserer Erde? Am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen erforscht er, welche Umweltfaktoren dieses ermöglicht haben könnten.
„Im Großen und Ganzen möchte ich verstehen, wo und wie sich Leben auf diesem Planeten gebildet hat“, erklärt Vahid sein Forschungsziel. Das sei eine schwierige Frage, denn das Leben hat sich über Millionen von Jahren entwickelt. Ein Forscherleben ist zu kurz, um diesen langwierigen Prozess künstlich nachzuahmen. „Wir können also nicht wirklich Leben im Labor entstehen lassen“, hält Vahid fest. Stattdessen ermittelt er mit seiner Arbeitsgruppe, welche Bedingungen Moleküle benötigen, damit sie ein lebensähnliches, weil kontinuierliches System bilden.
Ein solches System könnte durch den hydrologischen Zyklus entstanden sein, also durch abwechselndes Verdampfen und Kondensieren von Wasser. Wenn ein Tropfen kondensiert bewegen sich Biomoleküle auseinander – wegen der sich ansammelnden Flüssigkeit zwischen ihnen. Beim Verdampfen des schrumpfenden Tropfens wiederum lagern sie sich neuorientiert zusammen. „Möglicherweise hat dieser Zyklus einmal zu einer Interaktion geführt, aus der Leben entstehen konnte“, erklärt Vahid. Deshalb ahmt er diesen Vorgang am Mikroskop nach. Winzigen Tröpfchen fügt er verschiedenste Moleküle hinzu und simuliert durch abwechselndes Verdampfen und Kondensieren ein zellähnliches System. Durch den Klaus Tschira Boost Fund kann Vahid die notwendigen Materialien finanzieren und darüber hinaus einen Doktoranden oder eine Doktorandin anstellen.
Vahid begeistert sich für die Frage nach der Entstehung des Lebens, weil sie ebenso fundamental wie geheimnisvoll ist. Im Gegensatz zu anderen Forschungsfeldern gebe es nur wenige Anknüpfungspunkte für weitere Arbeiten. „Wenn ich Kolleginnen und Kollegen von meiner Idee erzähle, sagen sie mir nur ‚Viel Glück!‘“, lacht Vahid. Von der Herausforderung lässt er sich aber nicht abschrecken. Ganz im Gegenteil: „Herausforderungen treiben mich an!“, sagt der Postdoktorand.
Das lässt sich auch aus seiner Vita ablesen. Der gebürtige Iraner studierte zunächst in seinem Heimatland Maschinenbau, zog für sein Masterstudium über erneuerbare Energien in die Türkei und anschließend für seine Promotion in den Lebenswissenschaften nach Spanien. Das wichtigste sei für ihn immer, dazuzulernen, betont er. Vahid: „Lernen spielt eine wichtige Rolle, um zu verstehen, was Leben eigentlich ist – das meine ich nicht nur im biologischen, sondern auch im persönlichen und philosophischen Sinn.“ Wegen seiner endlosen Neugier war er immer daran interessiert, neue Länder und Sprachen kennenzulernen. Inzwischen spricht er sieben Sprachen.
Verglichen mit seinen Erfahrungen aus anderen Ländern nimmt Vahid die deutsche Bürokratie als eine große Hürde wahr. So versuche er seit September eine Doktorandin anzustellen. Für die Aufnahme brauche er unzählige Dokumente, die erst angefordert und nach der Einreichung wiederum überprüft werden müssen. Insbesondere bei ausländischen Bewerberinnen oder Bewerbern sei viel Bürokratie zu bewältigen. „Es wäre schön, wenn der Aufwand reduziert werden könnte“, sagt Vahid.
Wovon träumt Vahid? Wenn Geld und Zeit keine Rolle spielten, würde er gerne ein ganzes Institut aufbauen, das sich mit der Entstehung von Leben befasst. Bisher gebe es noch keine Einrichtung, die dort ihren Schwerpunkt hat. „Ich würde die Mittel nutzen, um wirklich gute Forschung betreiben zu können, die fundamentale Ergebnisse produziert“, sagt Vahid. Da drücken wir die Daumen.
Der Klaus Tschira Boost Fund ist ein gemeinsames Programm der German Scholars Organization und der Klaus Tschira Stiftung zur Förderung von Forschenden der Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik.
Gestärkt werden exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch:
- flexible Fördergelder zur Schaffung von Freiräumen für eigene, riskantere sowie interdisziplinäre Projekte,
- Unterstützung beim Aufbau von (internationalen) Kooperationen und Netzwerken,
- gezielte Begleitung und Beratung zur professionellen und persönlichen Weiterentwicklung.
Ziel ist es, Karrierewege von (jungen) Forschenden flexibler zu gestalten, zu beschleunigen und eine frühe Unabhängigkeit zu fördern.